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Was ist Regelenergie?

Was ist Regelenergie?

Die Stromnetze der meisten Europäischen Länder auf dem Europäischen Festland sind miteinander gekoppelt und werden mit einer gemeinsamen Netzfrequenz von 50 Hertz betrieben (Synchrongebiet Central Europe). Um die Frequenz stabil bei 50 Hertz zu halten, muss zu jedem Zeitpunkt die Netzeinspeisung, also der Erzeugung,  der Netzentnahme, also der Last, entsprechen. 

Da es zu Schwankungen der Erzeugung und der Last kommt sowie zu unvorhersehbaren Ereignissen, nutzen die Übertragungsnetzbetreiber die Systemdienstleistung Regelreserve in drei Qualitäten:

  • FCR - Frequency Containment Reserve (früher PRL – Primärregelleistung)
  • aFRR - Frequency Restoration Reserve with automatic activation (früher SRL – Sekundärregelleistung)
  • mFRR - Frequency Restoration Reserve with manual activation (früher MRL – Minutenreserveleistung)

um Angebot und Nachfrage auszugleichen und somit die Frequenz stabil bei 50 Hertz zu halten. Dazu wird Leistung bei Anbietern von Regelreserve reserviert (Regelleistung), die bei Bedarf dann aktiviert wird (Regelarbeit).

Bevor ein Regelreserveanbieter am Regelreservemarkt teilnehmen kann, muss er die organisatorische und technische Eignung dafür nachweisen (Präqualifikation).


Prozess Regelenergie

Regelleistungsmarkt

Präqualifizierte Anbieter können an den Ausschreibungen für die Regelleistung teilnehmen, die täglich für den Folgetag durchgeführt werden. Mit der Kontrahierung von Regelleistung stellen die ÜNB sicher, dass in den darauffolgenden Auktionen für Regelarbeit genügend Leistung angeboten wird, da jedes MW bezuschlagte Leistung am Regelarbeitsmarkt angeboten werden muss. Der Bedarf an Regelleistung, den die ÜNB über die Auktionen decken, schwankt entsprechend der Dimensionierung.

Die Produktlänge für alle Regelleistungsprodukte beträgt vier Stunden, beginnend mit der Zeitscheibe von null bis vier Uhr und endend mit der Zeitscheibe von 20 bis 24 Uhr. Während die Beschaffung der FCR damit abgeschlossen ist, ist für die aFRR und mFRR Produkte erst der Grundstein für die vollständige Beschaffung gelegt. Die Beschaffung der tatsächlich aktivierbaren Regelarbeit erfolgt im Regelarbeitsmarkt.

Die FCR wird gemeinsam mit vielen Nachbarländern grenzüberschreitend beschafft. Über die Optimierungsfunktion wird sichergestellt, dass die FCR geografisch nicht zu ungleichmäßig beschafft wird und entsprechende Export- und Importlimits eingehalten werden. Weitere Details zur FCR Cooperation finden Sie hier.

Bereits seit vielen Jahren schreiben der österreichische Übertragungsnetzbetreiber APG und die vier deutschen ÜNB die aFRR gemeinsam aus. Während für die gemeinsame Beschaffung der FCR eine technische Marge auf den Verbindungsleitungen zwischen den Regelzonen ausreicht, muss für die grenzüberschreitende Beschaffung von FRR, Kuppelkapazität reserviert werden. Da es weitere interessierte Länder für eine gemeinsame Beschaffung der aFRR gibt, wurde das ALPACA Projekt gegründet. Was ALPACA bedeutet und viele weitere Details zur Kooperation finden Sie hier.

Regelarbeitsmarkt

Sobald die Auktion für die Regelleistung abgeschlossen ist, öffnet für aFRR und mFRR der Regelarbeitsmarkt. Regelreserveanbieter mit Zuschlägen am Regelleistungsmarkt, müssen die bezuschlagte Menge am Regelarbeitsmarkt anbieten. Alle Anbieter können darüber hinaus Regelarbeitsgebote abgeben. Alle Regelarbeitsgebote werden bezuschlagt. Die Produkte am Regelarbeitsmarkt haben eine Länge von 15 Minuten, das heißt alle 15 Minuten findet ein Beschaffungsprozess statt. Der Markt für jedes Viertelstundenprodukt schließt 25 Minuten vor dem Produktbeginn. Alle Gebote werden aufsteigend nach dem Arbeitspreis sortiert und als Merit Order Liste an die Abrufsysteme der ÜNB und an die Aktivierungsplattformen MARI (für mFRR) und PICASSO (für aFRR) weitergeleitet.

Abruf von Regelarbeit

Im Bedarfsfall werden die Reserven dann aktiviert. Der Bedarf an Regelarbeit entsteht jederzeit durch die durch Abweichungen der Positionen der Bilanzkreise von ihren geplanten Positionen (Fahrplänen). Jeder ÜNB ermittelt seinen Bedarf und sendet ihn in Echtzeit an die Abrufplattformen, ebenso wie verfügbare grenzüberschreitende Übertragungskapazitäten. Die Plattformen saldieren zunächst positive und negative Bedarfe der teilnehmenden ÜNB und ermitteln aus dem verbleibenden Bedarf, den Geboten und den Übertragungskapazitäten die kostengünstigsten Gebote, die für die Deckung aller verbleibenden Bedarfe benötigt werden. Das steigert die Effizienz und senkt die Kosten für die Aktivierung der Regelarbeit. Mehr über die Abrufplattformen MARI und PICASSO finden Sie bei den Europäischen Kooperationen.

Abrechnung von Regelleistung und Regelarbeit

Während die Kosten für die Vorhaltung der Regelleistung über die Netznutzungsentgelte der ÜNB finanziert werden, tragen die Bilanzkreisverantwortlichen die Kosten für die Aktivierung der Regelarbeit. Dazu wird jede Viertelstunde von den ÜNB ein Ausgleichsenergiepreis ermittelt und den Bilanzkreisverantwortlichen im Rahmen der Bilanzkreisabrechnung monatlich in Rechnung gestellt. Der Ausgleichsenergiepreis in Deutschland wird über alle Regelzonen hinweg einheitlich berechnet und heißt reBAP (regelzonenübergreifender einheitlicher Bilanzausgleichsenergiepreis). Alles zum Thema Ausgleichsenergie, Bilanzkreise und reBAP können Sie auf der Internetseite netztransparenz.de nachlesen.

Markt für Regelreserve in Deutschland

Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) haben die Aufgabe, das Leistungsgleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -abnahme in ihrer Regelzone ständig aufrecht zu erhalten, mit dem Ziel die Frequenz in europäischen Verbundnetz konstant bei 50Hz zu halten. Zur Wahrung dieser Aufgabe benötigen die ÜNB Regelleistung in verschiedenen Qualitäten

  • Frequency Containment Reserve (FCR) oder Primärregelleistung (PRL)
  • Frequency Restoration Reserve with automatic activation (aFRR) oder Sekundärregelleistung (SRL)
  • Frequency Restoration Reserve with manual activation (mFRR) oder Minutenreserveleistung (MRL)

Die ÜNB beschaffen die Regelreserveprodukte (Regelleistung und Regelarbeit) regelzonenübergreifend und teilweise in Kooperation mit unseren Nachbarländern. Die Ausschreibungen finden in offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren statt, nach den Vorgaben des Bundeskartellamts, im Einklang mit den Festlegungen der Bundesnetzagentur sowie Europäischen Verordnungen.

Voraussetzung für die Teilnahme am Regelreservemarkt ist die Qualifikation der Marktteilnehmer beim jeweiligen Anschluss-ÜNB. Durch die Möglichkeit der Poolung ist es auch kleinen Anlagen und Lasten möglich am Regelreservemarkt teilzunehmen. Die Modalitäten für die Teilnahme am Regelreservemarkt (MfRRA) regeln den Marktzugang von der Qualifikation bis zur Abrechnung einheitlich für alle Marktteilnehmer.

In konsequenter Weiterentwicklung der gemeinsamen Beschaffung kooperieren die deutschen ÜNB auf betrieblicher Seite durch den koordinierten Einsatz von Regelenergie im Rahmen des Netzregelverbunds (NRV) und rufen somit kostenoptimal Regelenergie regelzonenübergreifend ab.

Diese Form der intensiven Zusammenarbeit wird in den folgenden Jahren auch grenzüberschreitend ausgebaut, mit dem Ziel den Abruf aller Reserven über alle ÜNB Zentraleuropas hinweg zu optimieren.

Allgemeines zur Regelleistung - Technische Aspekte

Ein ständiges Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -abnahme ist eine wichtige Voraussetzung für einen stabilen und zuverlässigen Netzbetrieb. Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) halten dazu im Rahmen ihrer Systemverantwortung Regelleistung vor, um den Kunden eine zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten.

Ein Bedarf an Regelleistung entsteht, sobald die Summe der aktuellen Einspeisungen von der Summe der aktuellen Entnahmen abweicht. Abweichungen werden auf der Verbraucherseite durch Schwankungen im Einspeise- und Abnahmeverhalten oder auf der Erzeugungsseite durch Störungen (z.B. Kraftwerksausfälle) hervorgerufen.Ein Mangel an Erzeugungsleistung (oder Überschuss an Verbrauchsleistung) äußert sich als Frequenzabfall, ein Überschuss an Erzeugungsleistung (oder Mangel an Verbrauchsleistung) als Frequenzanstieg im gesamten elektrischen Energieversorgungssystem in Europa.

Ziel des Regelleistungseinsatzes ist es, einerseits die Frequenz unter allen Umständen innerhalb bestimmter Toleranzbereiche um die Sollfrequenz von 50 Hz zu halten und andererseits mögliche bestehende regionale Abweichungen der Leistungsbilanz von ihrem Sollwert zu beseitigen. Hierzu ist der Einsatz mehrerer in ihrem dynamischen und zeitlichen Zusammenwirken aufeinander abgestimmter Regelleistungsarten erforderlich.

Auf der Grundlage der geltenden Regeln des Verbandes der europäischen Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E (European Network of Transmission System Operators for Electricity) beschaffen die deutschen ÜNB folgende Regelleistungsarten:

Primärregelung:

  • Bereitstellung nach dem Solidaritätsprinzip durch alle im ENTSO-E-Gebiet synchron verbundenen  ÜNB
  • Automatische vollständige Aktivierung innerhalb von 30 sec
  • abzudeckender Zeitraum pro Störung: 0 < t < 15 min

Sekundärregelung:

  • energetischer Ausgleich der Regelzone und Frequenzregelung
  • unmittelbare automatische Aktivierung durch den betroffenen  ÜNB
  • vollständige Erbringung innerhalb von maximal 5 min

Minutenreserve (Tertiärregelung):

  • Abruf der Minutenreserve über eine gemeinsame Merit-Order-List mittels MOLS seit 2012 (elektronisches Abrufverfahren)
  • vollständige Aktivierung binnen 12,5 Minuten
  • abzudeckender Zeitraum pro Störung t > 15 min bis 4 Viertelstunden bzw. bis zu mehreren Stunden bei mehreren Störungen


Arten der Regelreserve

Die Regelreserve wird in drei Arten unterteilt. Die ÜNB beschaffen Frequency Containment Reserve, kurz FCR. Vor der Einführung der europäisch vereinheitlichten Begriffe wurde diese Reserve als Primärregelleistung (PRL) bezeichnet. Ergänzend zur FCR beschaffen die ÜNB noch Frequency Restoration Reserves mit manueller Aktivierung (mFRR) und mit automatischer Aktivierung (aFRR). Die aFRR war früher als Sekundärregelleistung (SRL) und die mFRR als MRL (Minutenreserveleistung) bekannt. Als schnellste Reserve reagiert die FCR direkt dezentral, also ohne einen expliziten Aufruf der ÜNB, auf eine Frequenzänderung.

Um die Systembilanz wieder auszugleichen, aktivieren die ÜNB die aFRR. Erreicht diese eine hohe Auslastung, wird die langsamere mFRR aktiviert, um die aFRR für den nächsten Bedarfsfall verfügbar zu machen. Grundsätzlich sind die Bilanzkreisverantwortlichen für den Ausgleich von Verbrauch und Erzeugung zuständig. Häufig gleichen diese die Systembilanz zügig wieder aus, sodass der Einsatz der mFRR nicht notwendig wird.

Weitere Informationen erhalten Sie unter ENTSO-E-Operation Handbook