Nachdem am 17.10.2017 mFRR zu Arbeitspreisen von bis zu 77.777 EUR/MWh aktiviert wurde und daraufhin der Ausgleichsenergiepreis in zwei Viertelstunden auf über 20.000 EUR/MWh stieg, begann eine Diskussion um die mangelnde Wettbewerbsintensität am Regelarbeitsmarkt sowie entsprechende Gegenmaßnahmen. Die Diskussion hält bis heute an und findet inzwischen auf Europäischer Ebene statt.
Als erste Gegenmaßnahme reduzierte die Bundesnetzagentur die technische Preisobergrenze am Regelarbeitsmarkt auf 9.999 EUR/MWh. Diese wirksame, aber unpopuläre Maßnahme sollte von einer Anpassung der Vergaberegeln am Regelreservemarkt abgelöst werden. Da Regelleistung und Regelarbeit zu dieser Zeit noch in einer gemeinsamen Ausschreibung beschafft wurde, lag es nahe den Arbeitspreis bei der Vergabe zu berücksichtigen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde ausschließlich der Leistungspreis berücksichtigt, der Arbeitspreis nur bei Gleichheit zweiter Leistungspreise.
In einem zügigen Verfahren erließ die Bundesnetzagentur einen Beschluss zur Anpassung des Vergabealgorithmus. Das sogenannte Mischpreisverfahren sollte am 14.07.2018 eingeführt werden und bis zur Einführung eines Regelarbeitsmarktes die Risiken der Bilanzkreisbewirtschaftung auf ein angemessenes Maß reduzieren. Allerdings wurde der Beschluss beklagt und im Eilverfahren entschieden zunächst eine längere Umsetzungszeit für die Regelreserveanbieter zu gewähren. So wurde nach nur einem Tag das Mischpreisverfahren wieder ausgesetzt. Als neuen Starttermin legte das Gericht den 15.10.2018 fest. Der Arbeitspreis wurde fortan in Form eines Gewichtungsfaktors berücksichtigt, der die durchschnittliche Aktivierungswahrscheinlichkeit abbilden sollte. Auch wenn im Vorfeld mehrheitlich die Auffassung vertreten wurde, dass ein komplizierteres Verfahren, insb. für die aFRR, vorteilhaft wäre, wurde darauf verzichtet, um möglichst schnell das Mischpreisverfahren einführen und somit die unbeliebte technische Preisobergrenze abschaffen zu können. Ironischerweise hat der Eilbeschluss des Gerichts erneut zu einer reduzierten Preisobergrenze geführt und in der nun in Summe verfügbaren Umsetzungszeit auch ein komplizierteres, dafür angemesseneres Verfahren implementiert werden.
Mit Einführung des Mischpreisverfahrens entfiel die reduzierte Preisobergrenze und das Niveau der Arbeitspreise sank erheblich. Damit entfaltete das neue Verfahren seine Wirkung und entlastete die Bilanzkreisverantwortlichen von unangemessenen Risiken. Leider wurde durch das vereinfachte Verfahren in Kombination mit der zu hohen Gewichtung der Arbeitspreise ein derart niedriges Preisniveau erreicht, dass kaum noch ein Anreiz bestand die Bilanzkreise am Markt zu bewirtschaften, da es fast durchgängig günstiger war Ausgleichsenergie zu beziehen. Dies gipfelte im Juni 2019 in Ereignisse, in denen der Regelenergiebedarf auf ein Mehrfaches der dimensionierten Menge anstieg und einige Händler die angespannte Situation mit Leerverkäufen am Intradaymarkt zuspitzten, in dem sie den ÜNB, die versuchten mit allen Mitteln, auch Käufen am Intradaymarkt, die Systembilanz auszugleichen, Energie verkauften, die sie nicht produzierten und somit als Ausgleichsenergie über ihren unausgeglichenen Bilanzkreis bezogen. Auch wenn dieses Verhalten im Nachgang von der Bundesnetzagentur geahndet wurde, traten die Schwächen des Mischpreisverfahrens in Kombination mit einer mangelnden Anreizwirkung des Ausgleichsenergiepreises offen zu Tage.
In Folge dessen wurde mit einer Überarbeitung des Ausgleichsenergiepreises die Anreizwirkung deutlich gestärkt und in mehreren Schritten zunächst die Anreizkomponente in Form einer Börsenpreiskopplung und später die Knappheitskomponente überarbeitet, die Preisaufschläge bei besonders großen Systemungleichgewichten vorsieht.
Mit dem Urteil im Hauptsacheverfahren gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur zur Einführung des Mischpreisverfahrens beendete das OLG Düsseldorf das Mischpreisverfahren und am 31.07.2019 kehrte der Regelreservemarkt zur Vergabe nach Leistungspreis zurück. Damit stellte sich auch das alte Marktgleichgewicht wieder ein und somit die existenzgefährdenden Arbeitspreise, die die Bundesnetzagentur erneut dazu veranlasste, die technische Preisobergrenze auf 9.999 EUR/MWh zu reduzieren, was zum 17.10.2019 umgesetzt wurde, befristet bis zur Einführung des Regelarbeitsmarktes.
Am 02.11.2020 wurde schließlich der Regelarbeitsmarkt eingeführt. Damit einher geht eine Trennung der Beschaffung von Regelleistung und Regelarbeit. Dabei muss für jedes im Regelleistungsmarkt bezuschlagte MW auch ein Regelarbeitsgebot abgegeben. Zusätzlich können freie Regelarbeitsgebote abgegeben werden. Die Erwartung, dass dieser zusätzliche Wettbewerb das Niveau der Arbeitspreise auf ein Preisniveau senkt, dass auch an Großhandelsmärkten beobachtet werden kann, wurde nicht erfüllt. Es konnten nur wenige, in einigen Zeitscheiben gar keine freiwilligen Regelarbeitsgebote beobachtet werden, sodass sich das Preisniveau erneut auf einem für Bilanzkreisverantwortliche existenzgefährdenden Niveau einstellte und die Bundesnetzagentur sich erneut gezwungen sah, die technische Preisobergrenze auf 9.999 EUR/MWh zu senken, was am 19.01.2021 umgesetzt wurde. Dieser Beschluss wurde beklagt und wegen Mängeln im Verfahren aufgehoben. Ab dem 20.01.2022 galt somit erneut die technische Preisobergrenze von 99.999 EUR/MWh. Mit der Anpassung auf das Europäische Zielmarktdesign gemäß Balancing Guideline und dem Anschluss an die PICASSO-Plattform am 22.06.2022 wird die Europäische Preisobergrenze von 15.000 EUR/MWh angewendet. Diese gilt bis zum 24.07.2026 und soll anschließend auf 99.999 EUR/MWh angehoben werden.